Bolivien war ein großartiges Land mit tollen Erfahrungen, aber auch mit kaputtem Fuß ist Bleiben am immer gleichen Ort ein Zeichen von Stillstand, gefangen sein, besonders auf einer Weltumrundung. Zudem hat Reisen mit Krücken so seine Vorteile. Man darf immer als Erster in den Bus, am Flughafen muss man sich nicht anstellen, sondern darf in die Schlange der Bevorzugten. Vielleicht sollten wir die Krücken jetzt immer mitnehmen?
Unser nächstes Ziel Peru hätte viele Möglichkeiten für Abenteuer geboten, doch leider sind Mehrtagestreks oder Dschungel im Moment noch undenkbar. Eine Prise Bus-, Taxi- und Tourentourismus kann auch das Backpackerherz verschmerzen. Zum Glück gibt es für Reisende heutzutage Optionen der besonders gemütlichen Art. Wir fangen mit „Bolivia Hop“ an, einem unschlagbaren Angebot, um von La Paz nach Peru zu kommen. Ein Ticket, flexible Haltepunkte und Fahrzeiten, alles online buch- und änderbar, ohne Aufpreis. Damit landen wir zunächst am Titicaca-See, dem höchstgelegenen schiffbaren See der Welt (über 3800m Höhe). Hier kann man leckere Forellen essen (wenn sie denn gut durch und nicht verdorben sind), sich mit vielen anderen Touristen auf richtige und falsche Inseln schippern lassen und lokale Handwerkskunst kaufen. Uros, die schwimmenden Inseln der indigenen Bevölkerung sind aus Schilf gebaut und werden von einer Horde an Ausflugsbooten angefahren. Der ganze Hafen der Stadt Puno ist voll mit diesen Schiffen. Da wir ohne große Erwartungen an diesen Ausflug heran gehen, können wir ihn genießen. Ein junges indigenes Pärchen zeigt uns ihre Schilfhütte auf einer der Inseln. Wohnen die wirklich da, oder ist das nur Show? Egal, die beiden sind so niedlich, dass wir glatt etwas von ihnen kaufen. Das haben wir auf der ganzen Reise nicht gemacht und jetzt auf einem der touristischsten Punkte überhaupt lassen wir uns hinreißen. Irgendwann wird jeder schwach. Einen schönen bunten und handgemachten Sofakissenbezug kann einem aber auch keiner mehr nehmen.
Mit dem „Peru Hop“-Bus geht es mit all den anderen Touris aus Europa und Nordamerika weiter. Wir sind auf dem Gringo-Trail gelandet. Nächstes Ziel: Cusco, die legendäre Inkahauptstadt. Neben Rio und Buenos Aires ist sie wohl das Topziel in ganz Südamerika. Hier findet man Kirchen und Klöster der Spanier, die mit Inkatempeln verschmolzen sind. Das ganze Gold und Silber, was hier vorher in großen Mengen zur Verzierung angebracht und ausgestellt war, wurde damals sofort nach Spanien gebracht. Cusco lebt heute ausschließlich vom Tourismus, ist voll von Restaurants, Museen und kolonialen Bauten. Das wahre Cusco sehen wir, als wir Connys Orthese in einem öffentlichen Krankenhaus spenden. Wie fast überall auf unsere Reise gilt auch hier, ernsthaft krank werden sollte man lieber nicht.
Wir wohnen in Cusco bei der Familie des Onkels von Catalina, meiner Spanisch-Tandempartnerin aus Dresden. Und jetzt kommt mal wieder unglaublicher Zufall ins Spiel, denn Catalina macht auch gerade mit ihrer ganzen Familie Urlaub in Peru und ist zur gleichen Zeit in Cusco, ohne dass wir uns abgesprochen oder umgeplant hätten. Wo wir einmal beim Zufall sind: Der Onkel Catalinas ist Schamane und bietet für Touristen Ayahuasca-Zeremonien in seinem Haus an. In Bolivien haben uns andere Touristen von „ihrer“ Zeremonie bei genau diesem Schamanen erzählt. Wie klein ist die Welt – oder zumindest der Gringo-Trail. Wir sind jetzt nicht so interessiert an halluzinogenen Trance-Zuständen, bei denen der Körper gereinigt, sprich aus alles Öffnungen gelehrt wird, und begeben uns wieder auf einen Ausflug.
Der einzige Weg von Cusco nach Machu Picchu ohne längeres Laufen führt per Zug durch die tiefen Täler der Anden. Für peruanische Verhältnisse muss man hier Luxusklasse zum Luxuspreis buchen. Alles wird im Voraus online gebucht und in US-Dollar bezahlt. Morgens früh in Machu-Picchu-Pueblo (das Dorf unterhalb) gibt es 4:30 Uhr Frühstück und um 5 Uhr stellt man sich an die Schlange an, wo all die Gringos auf den Bus warten, der hoch vor das Eingangstor fährt. Die Schlange ist lang, die Busse fahren aber so hochfrequent, dass wir um 6 Uhr tatsächlich am Eingang stehen. Kurz noch etwas drängeln und schon ist man drin und darf die Wahnsinnsaussichten erblicken. Es sind ja nicht nur die Ruinen. Die Inkas hätten sich keinen schöneren Ort heraussuchen können. Die schneebedeckten Berge in der Nähe reißen fast senkrecht geschnittene Täler in unglaublichen Tiefen. Alles ist von dichter grüner Vegetation überzogen, und unten schneidet ein reißender Strom die Täler weiter ein.
Die Aussichtspunkte sind allerdings belagert von posierenden Touristen, wahlweise mit oder ohne Selfiestange. Nun sind in Machu Picchu „nur“ 2500 Besucher pro Tag erlaubt. Gefühlt ist das hier aber wie nach Gottes Strafe auf dem Turm zu Babel. Wir wollen hoch hinaus. Wir haben uns nicht nur die Ruinenstadt, sondern auch den Machu-Picchu-Montaña, den namensgebenden Berg daneben, vorgenommen. Es grenzt schon ein bisschen an Wahnsinn: 2670 unregelmäßige Treppenstufen mit Krücken. Die mitkletternden Leute sind erstaunt und äußern das auch immer wieder. Conny ist oben überglücklich, schließlich ist das ein Riesenfortschritt. Nur wie immer am Berg muss man es auch wieder hinunter schaffen. In der Mittagshitze ist das sehr anstrengend. Zum Abschluss schlendern wir noch durch die Ruinen, die Touristengruppen lassen wir geduldig vorbeiziehen. Und wir werden mit einem Gewitter, mit Blitzen und Donner in der Inkastadt überrascht.
Damit ist Peru für uns für dieses Mal schon vorbei. So viele westliche Touristen auf einmal haben wir auf der ganzen Reise noch nicht gesehen. Wir kommen wieder. Das nächste Mal aber etwas abseits des Gringo-Trails.
Gabi und Frank
Oktober 25, 2018 — 11:24 am
Hallo Conny und Matthias, ach war das schön in Peru – vor fast zwei Jahrzehnten. Wir waren da mit einem Touribus bzw. sind auch mal Bahn gefahren 8allerdings keine Luxusklasse), aber wir fanden es trotzdem Klasse. Es kann vielleicht auch nicht jeder als Individualtourist (was natürlich sicher wirklich schöner ist) reisen. Wir hatten in Machu Picchu auch das Glück, in dem Hotel direkt daneben zu übernachten und konnten den späten Abend und frühen Morgen in aller Stille genießen. Und das an Franks Geburtstag. Die Schilfinseln der Urus sind übrigens wirklich echt. Die Touristen werden natürlich nur auf einige wenige gefahren. Vor einem halben Jahrhundert war das Betreten gar nicht so ungefährlich, die Urus galten als gefährlich und sehr angriffslustig. Vielleicht sind das einige ja heute noch? Hut ab vor Eurer Bergbesteigung!!! wir hatten seinerzeit von der anderen Seite aber auch einen herrlichen Blick von oben. Liebe Grüße, auch von Frank und weiterhin viel Spaß und Freude Gabi
Conny
November 28, 2018 — 12:46 am
Liebe Gabi, lieber Frank,
war das Hotel damals direkt am/ im Machu Picchu Park? Weil ich glaube, das gibt es nicht mehr. Zumindest haben wir keins gesehen. Ohne viele Touristen ist es natürlich viel schöner! Da ich ja nun behindert war, werden wir beim nächsten Mal die „kleine Schwester Machu Picchus“ in einem 2 Tage Trek probieren. Angeblich sind da auch noch Stille und Inka Ruinen zu haben…
Ganz liebe Grüße nach Berlin