Ich schaue ein bisschen verträumt aus dem Fenster und beobachte die Büffelherde auf der linken Seite. Ein bisschen weiter rechts ist auch etwas. „Ah, wieder eine Löwin“, sage ich zu den anderen im Jeep. Unser Guide stoppt den Jeep und wir warten ein bisschen. Die Löwin beobachtet die Büffelherde. Sonst liegen die Löwen ja auch gerne rum, aber diese hier ist sehr aufmerksam. Nähert sich die Büffelherde, taucht ihr Kopf noch tiefer ins Gras. Der Guide sagt, die Löwen haben Respekt vor den Büffeln. Kurz darauf zeigt er auf die rechte Seite, dort sind zwei, nein, drei weitere Löwen aus dem Gebüsch gekommen. Auch ein großes Männchen mit Mähne ist dabei. Hier bahnt sich vielleicht etwas an. Inzwischen sind mehrere Jeeps dazu gekommen und beobachten das Treiben. Lange verändert sich nichts, ich denke schon, hier passiert nichts mehr, wir können auch weiter fahren. Unser Guide und Fahrer bleibt aber zusammen mit den anderen Jeeps stehen. Dann tauchen weitere Löwen auf. Ok, hier wird gleich etwas passieren. Eine Löwin schleicht zuerst auf die Jeepkolonne zu, die zwischen ihr und den Büffeln stehen. Sie versteckt sich regelrecht dazwischen. Ein Löwenmännchen mit prächtiger Mähne folgt ihr wenige Minuten später. Es passiert nichts. Dann plötzlich läuft die Löwin aus den Jeepschatten heraus und sprintet Richtung Büffelherde. Zwei Jungtiere sind in der Herde, aber noch sind sie gut beschützt. Die Herde bemerkt die Löwin und reagiert: Die Büffel rennen los. Die Löwin vermeidet jegliche Konfrontation, ihr Auftrag: Chaos und Panik unter den Büffeln stiften.
Dann überschlagen sich die Ereignisse. Das große Männchen startet jetzt den direkten Angriff. Es zielt auf die Mutter eines der Jungbüffel ab. Der Löwe geht ohne Zögern in den Nahkampf und liegt sogleich auf dem Boden und bekommt Tritte der Büffelmutter ab. Wir sind fassungslos. Was passiert mit dem Löwen? Unser Guide startet den Motor und rast davon. Wo fahren wir denn jetzt hin? All die anderen Jeeps bleiben stehen. Wir finden uns näher an der Büffelherde wieder. Oder dort wo die Büffelherde gleich hin flüchten wird. Inzwischen ist die Jagd weiter im Gange. Zwei weitere Löwinnen jagen die Herde in voller Geschwindigkeit. Eine links, eine rechts. Die Büffel kommen auf uns zugerast. Beide Löwinnen nähern sich einem Jungtier und springen von beiden Seiten und reißen es zu Boden. Die geschwächten Büffel verteidigen das Jungtier nicht mehr, sondern flüchten.
Die Jagd ist vorbei. Der Anführer des Löwenclans ist nun auch von der Partie, ein großes Männchen mit besonders dunkler Mähne. Er schreitet gemächlich zur erlegten Beute, er ist der Erste, der fressen darf, dann das Männchen, dass in den Nahkampf gegangen ist und ihn anscheinend mit nur kleinen Blessuren überstanden hat. Unser Guide erklärt, dass die Büffel ihre Hörner nicht am Boden einsetzen können. Die Tritte waren offensichtlich nicht so schlimm. Nun kommt noch eine Löwin hinzu und frisst. Der Rest der Gruppe geht leer aus. Damit ist klar, dass das nicht die letzte Jagd an diesem Tag gewesen ist.
Alle im Jeep sind noch aufgeregt, von dem was wir gerade bezeugen durften. Wir fahren weiter durch den Ngorongoro-Krater. Dieser Ort ist magisch. Hier herrscht eine wahnsinnige Dichte an Tieren. Durch den Kraterrand ist das Habitat der Tiere begrenzt und damit wirkt es ein bisschen wie ein Zoo, ein natürlicher Zoo. Wir sehen Gnus, Antilopen, Zebras, Büffel, Affen, Löwen, Schakale, Hyänen, Elefanten, Flusspferde, Strauße, Flamingos und andere große Vögel direkt nebeneinander. Nur die Nashörner machen sich rar und zeigen sich nicht.
Was für ein Abschluss, denken wir. Es ist der letzte von unseren vier Tagen Safari. Zuvor hatten wir in der Serengeti und im Tarangire-Nationalpark schon unzählige Tiere beobachtet: Elefanten, Giraffen, Wasserböcke und Geparden. Jede Nacht haben wir im Zelt geschlafen, zum einen, weil es günstiger ist, zum anderen, weil man so die ganzen Tiergeräusche nachts hören kann. Einen Zaun um das Lager gibt es nicht. Willy, unser Guide, sagt dazu nur: „Die Tiere haben Angst vor Licht. Geht nicht ohne Taschenlampe aus dem Zelt!“. Wir befolgen gerne diesen Rat. Nachts liegen wir auf unseren Matten, aber ruhig ist es nicht. Wir hören in der Nähe der Zelte das Brüllen und die Rufe von Löwen, Büffeln und Hyänen.
Zurück in Arusha, dem Ausgangspunkt der Safari, erzählt uns unser Gastgeber, dass zur Hochsaison, schon mal 500 Jeeps in den Krater wollten und es einen riesigen Stau gab. Bei uns waren es vielleicht 20, was wir auch schon zu viel fanden. Die Regierung in Tansania hat reagiert und die Gebühren für eine Fahrt in den Krater drastisch erhöht. Ein Reservierungssystem mit begrenzten Plätzen wie in Macchu Pichu, Peru gibt es weiterhin nicht. Die Touristen werden die hohen Preise weiter bezahlen, denken wir. Zu einmalig ist dieses Fleckchen Erde. Wir hoffen, dass das Geld gut in den Schutz der Nationalparks und die Entwicklung des Landes angelegt wird. Aber das ist Afrika, wer weiß schon so genau, wo das Geld hingeht. Auch wenn wir am Ende unserer Reise manchmal das Gefühl haben, dass wir nichts mehr aufnehmen können, ist die Tierwelt Afrikas eine Ausnahme und wird uns immer in Erinnerung bleiben.
Corinna
Dezember 18, 2018 — 12:12 pm
Hallo Ihr Lieben! Ein wunderbarer Beitrag. Ich saß ja quassi mit ihm Jeep. 🙂 Afrikas Tierwelt steht auch schon länger auf meiner Liste, aber die zu vielen Touristen sind natürlich ein Problem vor Ort. Wieviel bezahlt man denn, um mit einem Jeep da rein zu fahren, wenn ich fragen darf? Ich habe so gar keine Vorstellung…
Liebe Grüße und Frohe Weihnachten!
Corinna
Conny und Matthias
Dezember 18, 2018 — 2:57 pm
Liebe Corinna,
schön, dass du noch dabei bist. 🙂 Für uns war es wirklich was Besonderes, mal eine Löwenjagd live zu sehen. Da hatten wir auch einfach richtig Schwein.
Zu deiner Frage: Afrika ist ein sehr teurer Kontinent (für Weiße). Für eine Budget-Safari in der Nebensaison (also als wir da waren) muss man ungefähr 175 US$ pro Tag pro Nase einplanen, in der Hauptsaison im Zelt kostet es circa 220 US$ pro Tag. Wir sind ohne zu buchen hin und haben vor Ort verhandelt, damit wir noch günstiger wegkommen. Wer online aus Deutschland bucht, zahlt deutlich mehr! Damit ist diese Safari der teuerste Ausflug unserer gesamten Weltreise gewesen. Ein Teil des Geldes geht zum Guide, Ausrüstung, Zelte, Essen, Koch, Benzin, der andere große Teil in die Nationalparkgebühren. Die sind extrem hoch, um die Ranger unanfällig gegen Raubtierhandel zu machen. Es soll sich für niemanden rentieren, Nashornhörner oder Elefantenzähne illegal zu verkaufen. Was heißt extrem hoch? Zum Beispiel kostet es für einen Jeep in den Ngorongoro-Krater reinzufahren um die 300 US§, wurde uns gesagt. Wahrscheinlich werden sie die Preise die nächsten Jahre weiter erhöhen, dann ist Safari oder auch Kilibesteigung nur noch was für Superreiche…
Wenn es „nur“ ums Tiere gucken geht, ist es in Südafrika günstiger. Aber die Landschaft anders und die Tierdichte deutlich geringer. Tansania und besonders wo wir waren ist dagegen wie ein Zoo. 🙂