Conny und Matthias um die Welt

Gesichter Kolumbiens

Kolumbien ist ein kunterbuntes Land. Die Menschen sind ein Mix aus afroamerikanischen Wurzeln, Latinos, Indigenen und hellen Hautfarben. Von klarstem Spanisch bis hin zu schnellem, genuscheltem Spanisch ist alles dabei. Auch hier haben wir viele, viele freundliche Menschen getroffen. Im Gegensatz zu 2009 haben sich die Kolumbianer inzwischen an Gringos gewöhnt. Touristen gehören in vielen Gegenden zum Stadtbild und sind eine große Einnahmequelle. So dass man, wie in vielen anderen Ländern auch, als Gringo manchmal mehr bezahlt. In Kolumbien haben wir ein Paket mit Geschenken nach Deutschland schicken wollen, was wohl nie ankommen wird. Der Postmann gab uns eine falsche, handgeschriebene Trackingnummer und hat sich unser Geld eingesteckt. Ich wäre sehr gern nochmal mit Polizist in diesem Postamt aufgetaucht und hätte den Betrug angezeigt, aber leider waren wir nur an einem Sonntag nochmal in der Stadt… Wie überall in Lateinamerika sind geringe Gehälter und Korruption in Kolumbien nichts Ungewöhnliches. Die Schwierigkeit Geld zu verdienen hat die Kolumbianer aber erfinderisch gemacht. Die coolsten Kreativ-Jobs haben wir hier kennengelernt. Den „Bretterverleiher-über-große-Pfützen-nach-Starkregen“, den „Im-Bus-mit-Kassettenrecorder-Rapper“ und die „Kokosnuss-vom-Campingplatz-Klauer-und-500-Meter-weiter-unten-Verkäufer“. 🙂

Kolumbianer essen wie die Bolivianer gerne frittiert. Der Fleischkonsum ist wahnsinnig hoch. Gebratenes, gegrilltes oder frittiertes Hühnchen oder Rindfleisch gehören zu einem „guten“ kolumbianischen Essen immer dazu. Wir fanden es verrückt, denn Gemüse wird angebaut und ist superbillig. Unsere Couchsurfer aus Bogotá erzählten uns, dass sie erst, seitdem sie in Deutschland waren, Gemüse für sich entdeckt hätten. So ungesund die Hauptmahlzeiten auch sein mögen, die Säfte in Kolumbien haben wir umso mehr geliebt. Kolumbien ist ein sehr fruchtbares Land mit viel Wasser. Neben dem weltbekannten Kaffee wachsen hier auch alle Früchte, die bei uns in Deutschland superteuer sind. Wir haben jeden Tag, wirklich jeden Tag, frisch gepressten, unverdünnten Maracuja-, Lulo-, Mango-, Ananas-, Bananensaft oder Minzlimonade getrunken. Und immer mal auch eine Frucht probiert, die wir noch nicht kannten. In touristischen Regionen haben wir die Gringorestaurants ausgenutzt für thailändische Gemüsegerichte, israelischen Humus oder vegetarische italienische Speisen.

Das viele fettige, ungesunde Essen hat die Kolumbianer dick gemacht. Wir sehen auf unserer Reise eine Menge übergewichtige Menschen, eigentlich wie in Deutschland. Aber nicht nur, es gibt auch wunderschöne und schlanke Frauen. Und zwar viele davon. Für die kolumbianischen Mädchen ist Schönheit ein Wahn. Zum 15. Geburtstag werden oft Schönheits-OPs verschenkt. In Teheran, Iran haben wir oft Menschen mit Nasen-OP gesehen, hier sind es ganz eindeutig die Pos und die Brüste, die unters Messer kommen. Die Pos sind bei den Kolumbianerinnen teilweise so unnatürlich rund, als hätten sie ein Kissen in die Hose gesteckt. Auch in den TV-Seifenopern sieht man die Schauspielerinnen nur mit superrunden Kurven. Der gesellschaftliche Druck scheint groß: Kolumbien gehört zu den sieben Ländern, die am meisten Schönheits-OPs weltweit durchführen. Das Schönheitsideal der ehemaligen Drogenbarone und der Machismo im Land werden als Gründe dafür immer wieder genannt. Aber nicht nur Locals, auch US-Amerikaner, Spanier oder Argentinier legen sich in Kolumbien unters Messer. Die Regierung hat reagiert: Minderjährige dürfen sich nicht mehr aus ästhetischen Gründen operieren lassen. Es passiert trotzdem in billigen, illegalen Kliniken ohne Zertifizierung oder Plastischen Chirurgen. Mit entsprechenden Komplikationen wie Infektionen oder Tod. Wobei diese Gefahr so unsinnig ist, Kolumbien hat in den Großstädten beste medizinische Versorgung, aber eben nicht so preiswert…

Und wie steht es um die allgemeine Sicherheit in Kolumbien? Wir haben uns nie unsicher gefühlt. Vor zwei Jahren schloss die kolumbianische Regierung einen Friedensvertrag mit den FARC-Rebellen ab. Seitdem ist das Land befriedet, und die wirtschaftliche Situation ist besser. Als ich 2009 in Kolumbien war, gab es noch viele Regionen, in die man besser nicht fahren sollte. Heute kann man fast überall hin. Unternehmen investieren inzwischen in vormals unsichere Regionen. Die EU exportiert nach Kolumbien, im Gegenzug werden vor allem Kaffee, Bananen, Palmöl, Schnittblumen und Steinkohle aus Kolumbien importiert. Und Kokain. Kolumbien ist weiterhin weltweit größter Kokain-Exporteur. Pablo Escobar, einer der größten und reichsten Verbrecher aller Zeiten, wurde zwar umgebracht und sein Drogenkartell in Medellín zerschlagen, aber das Millionengeschäft mit dem weißen Puder geht weiter. Zu groß ist die Nachfrage aus den USA und Europa. Als Tourist kann man verschiedene Pablo Escobar Touren machen, in Medellín und auf vielen seiner Fincas im Land. Vom Drogengeschäft selbst oder Polizeieinsätzen haben wir nichts mitbekommen.

Gern wären wir länger geblieben. Einen Salsakurs konnten wir mit meinem Fuß und unserer wenigen Zeit diesmal nicht machen. Obwohl Kolumbien sich geradezu dafür anbietet, das Land liebt Musik, hier wird viel Salsa getanzt und gehört. Viele Regionen haben wir noch nicht gesehen, Trekkingtouren noch nicht gemacht. In einer trockeneren Zeit werden wir wiederkommen. Und wieder in Hängematten schlafen. In keinem anderen Land haben wir so oft tags wie nachts uns baumeln lassen. Und wir freuen uns jetzt schon auf die kleinen lustigen Überraschungen, die wir hier immer mal erlebt haben. Zum Beispiel, wenn ein Motorrad ein Pferd durch die Straßen zieht…

Und nun lassen wir die Kolumbianer zu Wort kommen:

„Klar tanze ich Salsa. Ich komme aus Cali, und ich hab den Salsa im Blut.“ Taxifahrer in Cali

„Ich tanze den Salsa. Aber so wie es früher gelehrt wurde. Nicht dieses neumodische Zeug. Ich erkenne das an, dass es was Neues gibt. Aber für mich ist der neue Salsa eher Gymnastik als wahrer Salsa.“ Adriana, Cali

„Kolumbien hat so viel tolle Landschaften. Und viel Wasser. Nicht so wie in den USA, die teils so trockene Regionen haben. Hier haben wir alles.“ Taxifahrer in Popayán

„Ob Regen oder Sonne. Ich freue mich über jedes Wetter hier, was Gott geschaffen hat. Denn was wäre die Welt ohne Diversität?“ Küchenfrau in Leticia

„Die Kolumbianer, die unbedingt nach Europa wollen, irren sich. Hier in Kolumbien kann man ein schönes und ruhiges Leben haben.“ Kokosnusspflücker in Tayrona

Wir verabschieden uns mit der kolumbianischen Band Juanes mit einem Lied, was von mir gesungen wurde, wenn Matthias wieder mal sein schwarzes T-Shirt gesucht hat. 🙂

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