Und? Wo seid ihr jetzt gerade?
M+C: In Buenos Aires.
Und wie ist es so nach mehr als fünf Monaten?
M: Es ist schon Wahnsinn, was wir alles erlebt haben in den letzten Monaten. Das Reisen macht immer noch Spaß. Aber nach so vielen Monaten denkt man schon manchmal darüber nach, was danach kommt, wie es zu Hause sein wird. Aber wir sind auf jeden Fall noch nicht fertig.
C: Es ist eine unglaubliche Gelegenheit, die wir momentan haben. Die vielen, vielen Eindrücke und tollen Erlebnisse: herrlich. Wir reisen aber inzwischen noch langsamer. Wenn wir ein neues Land betreten, buchen wir vier fünf Tage eine Unterkunft, um uns erstmal zu sortieren, auszuschlafen und zu gucken wie der Hase läuft. Es ist immer noch schön neue Länder zu bereisen, neue Sachen zu lernen, neue Leute kennenzulernen. Und sich einfach neu auszuprobieren. In Neuseeland haben wir das erste Mal einen Camper gemietet, hier in Buenos Aires haben wir einen Tango argentino Kurs besucht. Das ist total toll, dass man das Besondere und das Schöne aus jedem Land mitnehmen kann.
Schreibt ihr eigentlich noch neben dem Blog ein Tagebuch? Oder wie merkt ihr euch das alles, was passiert und was ihr so erlebt?
C: Man merkt sich die Details nicht. Kann ich jetzt schon so sagen. Deswegen diktiere ich mit einer Handy-App ein Tagebuch. Das ist nervig, und ich bin ständig im Verzug, auf der anderen Seite werden wir später mal froh drüber sein. Ein echtes Buch wollten wir nicht mitnehmen, denn das ist zusätzliches Gepäck und kann verloren gehen.
Versteht ihr euch immer noch?
C: Ja, erstaunlicher Weise. (lacht) Es gibt Tage, vor allem an Reisetagen, wenn man am Flughafen geschlafen hat, viele Stunden Bus hinter sich hat, übermüdet und kaputt ist, wo der andere einem einfach auf den Keks geht. Mit seinen Marotten. In Auckland hatten wir nach vier Tagen in Bus, Flugzeug und Taxi einen echten Tiefpunkt miteinander. Aber wir sind ja fast 24/7 zusammen. Das, glaube ich, kann man nur mit wenigen Menschen. Die meisten Reisepartner möchte man ja nach ner gewissen Zeit umbringen. (lacht) Und wir machen auch mal was getrennt. Ich war hier in Buenos Aires nen Tag allein unterwegs. Aber am nächsten Tag haben wir die Stadt wieder zusammen erkundet, und das war schöner als am Tag zuvor allein.
M: Ja, wir verstehen uns immer noch gut. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass wir fast alles zusammen machen. Ständig einen Raum teilen. Das freut mich sehr. Wär auch schlimm, wenns anders wär. (lacht)
Was esst ihr jetzt so?
M + C: In Neuseeland haben wir jeden Tag gekocht. Abends Essen gehen war da nicht. Das machen wir aber jetzt wieder. Hier in Buenos Aires sind ja Steaks und Empanadas Pflicht. Im Camper in Neuseeland gab es abwechselnd Nudeln, Reis und Pfannkuchen. Und trotzdem haben wir versucht, viel Gemüse und Obst zu essen. Und Ciabatta-Brötchen können die Neuseeländer auch herstellen. Jetzt essen wir morgens Cornflakes oder Müsli, und abends gehen wir essen.
Habt ihr ab- oder zugenommen?
M + C: Ganz klar ab. Vor allem in Indien und Indonesien. Jetzt, wenn man selbst kocht, geht das Gewicht aber langsam wieder hoch.
Habt ihr mittlerweile den Reisedurchfall besiegt? Weitere Krankheiten eingesammelt?
M + C: Der Durchfall ist besiegt. Er ist in dem Moment weg, wo man ein hygienisch sauberes Land betritt. Hier in Buenos Aires kann man das Leitungswasser wie in Neuseeland trinken.
Wie ist das mit den Tagen, an denen man keine Lust mehr hat zu reisen, gibt es die noch?
M: Ja, die gibt es auf jeden Fall noch. Aber in Neuseeland wollten wir jeden Tag weiterreisen. Weil es einfach zu schön ist. In Buenos Aires haben wir uns mal wieder Zeit gelassen und eine Pause vom Reisen genommen. Und ganz schnell bekommt man auch wieder Vorfreude auf das nächste Ziel.
C: Ja, klar. In Neuseeland gab es die nicht. Aber ich hatte hier in Buenos Aires die ersten Tage auf jeden Fall einen post-Neuseeland-Hänger. Das Wetter war ungemütlich, und ich war ja schon öfter in Lateinamerika. Klar ist jedes Land sehr anders, Venezuela, Paraguay, Brasilien, völlig verschieden. Aber dieses Whooooooo, ich bin in Lateinamerika, ich kann Spanisch lernen, neues Essen ausprobieren. Das hatte ich nicht mehr so. Das soll jetzt nicht hochnäsig klingen, aber ich bin ja schon seit 17 Jahren immer wieder in Lateinamerika ein- und ausgereist. Man kennt sich ein bisschen überall aus, auch wenn man noch nie da war. Für Matthias ist Südamerika noch ein unbeschriebenes Blatt, ich durchlebe mit ihm das Neuentdecken quasi nochmal. Für mich selbst suche ich gerade nach Herausforderungen oder Neuem, was ich noch nicht probiert oder gemacht habe.
Seid ihr zufrieden mit eurem Blog? Habt ihr Veränderungen vorgenommen?
M: Ja, ich bin sehr zufrieden, dass alles soweit funktioniert wie wir den Blog aufgesetzt haben, wie wir die Artikel am Notebook schreiben. Aber eine Änderung haben wir gemacht: Unsere Reise hat nicht mehr auf eine Weltkarte gepasst. Es musste eine 3D Kugel her. (lacht)
C: Ich mag unseren Blog. Sicherlich ist den arbeitenden Leuten der Text zu lang, aber deswegen machen wir ja die Fotos an den Anfang. Und jetzt hier in Lateinamerika überlege ich, noch Spanisch als Übersetzung dazu zu nehmen. Da kann ich noch was bei lernen. Und die größte Veränderung natürlich: unsere sexy Weltkugel.
Wie viele Fotos sind es denn jetzt schon? Und wie speichert ihr die Fotos?
M: Wir haben ungefähr 1.000 Fotos pro Monat aufgenommen. Und mehrere große SD-Karten, die wir auf dem Notebook sichern. Und wenn mal sehr gutes Internet da ist, sichern wir die Fotos auf dem NAS meiner Eltern.
Habt ihr euch mal was Neues zum Anziehen gekauft oder sind es noch dieselben Klamotten vom Anfang?
C: Ich hab mir mal ein T-Shirt und ein Strandoberteil dazugekauft. Und neue Skihandschuhe in Neuseeland. Die alten hatte ich im Himalaja verschenkt.
M: Ich hab mir mal eine kurze Hose gekauft.
Habt ihr neue Erkenntnisse auf der Reise gewonnen?
M: Wir haben viel über Kultur und Natur gelernt. Und was auch eine neue Erkenntnis ist: In jedem Land arbeiten die Friseure anders. Bei manchen erst waschen, dann schneiden. Bei manchen erst schneiden, dann waschen. Bei manchen mit Schere, bei anderen mehr mit der Schermaschine. Am Ende wirds immer anders als man denkt (grinst). Und es gibt überall auf der Welt sooo nette Menschen, die einem weiterhelfen.
C: Ja, erstens: ein Trekkingrock, bei dem ich nicht den Rucksack ins Tuktuk nachtreten kann oder mal einen großen Sprung machen kann, ist bekloppt und verdient den Namen Trekkingrock nicht. Zweitens: Es gibt überall auf der Welt die Kontaktlinsenlösung, die wir in Deutschland benutzen. Für mich selbst eine Erkenntnis? Als wir in Indien nur vegetarisch gegessen haben, hat mir das sehr gut getan. Ich versuche seitdem viel seltener Fleisch zu essen. Matthias hat das ja schon länger in Deutschland gemacht. Und Yoga, jaja, das klingt jetzt sehr esoterisch. Aber das war schon immer ein guter Ausgleich, und ich genieße es, auf Reisen dafür Zeit zu haben. Und: Unser Planet ist wunderschön. Die Natur und die Tierwelt, die jedes Land zu bieten hat, sind einmalig. Und die Zerstörung leider auch.
Habt ihr gar kein schlechtes Gewissen, was das CO2 anbelangt?
M + C: Ja, schon. Aber wir rechnen jeden einzelnen Flug mit dem CO2 Rechner aus und kompensieren dann über Atmosfair. Immerhin.
Was kostet der Spaß?
M: Über Geld redet man nicht. Oder auch: Das Geld kommt aus der Wand mit dem Schlitz. Conny lacht. Wir haben unser Budget etwas überzogen, aber das war zu erwarten. Aber nicht so viel überzogen, dass wir uns Sorgen machen müssen.
C: Noch reise ich von den Rückzahlungen der Lohnsteuer. Mein Gespartes habe ich noch nicht angerührt. Aber um mal ne Zahl zu nennen: Ziel ist immer, eine Unterkunft unter 20 Euro zu finden.
Habt ihr irgendwelche materiellen Verluste?
M + C: Ja, einiges. Eine Sonnenbrille weg, eine andere Sonnenbrille kaputt, zwei Kameraobjektivkappen verloren, eine Nagelschere im indischen Check-in abgegeben, eine weiße Hose wollte nicht mehr sauber werden, Matthias Handy hat das indische Plumpsklo nur noch zwei Monate länger überlebt, Connys Reisehandtuch und das Ladekabel für den Laptop sind irgendwo in Indonesien liegen geblieben. Und die Yogamatte ist leider noch im Camper. Das klingt nach sehr viel, aber wenn man sich überlegt, dass wir permanent neu packen und umziehen, dann ist es eigentlich im Rahmen.
Wo musstest du zuletzt voll laut lachen?
C: Als wir in einer Maori- Tanz Vorführung gelandet sind. Wir waren völlig deplatziert. Und der eine Tänzer hats dann auch noch sehr ernst genommen. Ich hatte nen Lachkrampf und musste weinen, weil ich mir das Lachen nicht verkneifen konnte. Und in Buenos Aires hatte ich nen Lachkrampf wegen Matthias Frisur. Er war ja beim indonesischen Friseur und sah aus als hätte er nen Deckel aufm Kopf. Ich war übermüdet vom Jetlag und konnte mich nicht mehr halten vor Lachen. Ich glaub nach zehn Minuten gings dann wieder.
M: Das Camperleben ist ein sehr lustiges. Eigentlich gibt es ständig mit Conny was zu Lachen. In Buenos Aires muss ich oft lachen, wenn Leute mir etwas auf Spanisch sagen, und ich komplett nichts verstehe.
Gab es weitere peinliche Situationen?
M: Ich versuche ja solche Situationen tunlichst zu vermeiden, und bisher ist mir das gut gelungen. (lacht)
C: Ja, wir mussten unsere Unterkunft hier in Buenos Aires einen Tag verlängern, weil wir gehofft hatten, zu couchsurfen. Dann hat es doch nicht geklappt, ich musste nochmal einen Tag verlängern, die mussten die Putzfrau umbestellen und hatten voll den Orgastress. Das war schon unangenehm.
Was vermisst du?
C: Es bleibt dabei. Meine Familie und Freunde. Ich würde die jetzt langsam gern mal wiedersehen. Aber skypen, e-Mails und Kram machen das Ganze schon leichter. Und den Sport. In Neuseeland war es einfach zu kalt. Da waren wir ja aber viel Wandern. Jetzt in Buenos Aires kann ich wieder Yoga machen. Und Klettern, darauf freue ich mich, wenn ich wieder da bin. Aber ja, je länger wir weg sind desto größer wird das Heimatweh.
M: Mit Freunden oder Familie was zusammen unternehmen. In einer Gruppe, das wäre schön.
Was nervt?
M: In Indonesien war es die Hitze, das Schwitzen. In Neuseeland die kalte Nase, die aus dem Schlafsack rausguckt. Und in Buenos Aires, dass die Argentinier so einen nuscheligen Akzent haben.
C: In Neuseeland dieses An- und Ausgeziehe von zig Klamottenschichten. Auf Toilette gehen vom Schlafsack aus. Nerv. Und diese rezidivierende Hautinfektion an der Nase. Eigentlich müsste ich mal gucken, ob das so ein böser Krankenhauskeim ist, den ich dann anders behandeln müsste. Aber so lange wir auf Reisen sind, fehlt die Logistik. Mach ich dann, wenn wir wieder da sind.
Was war das bisher schönste Erlebnis?
C: Oh Gott, das kann ich nicht sagen. Dafür waren es viel zu viele. Im Iran die Menschen, Qeshm Island, in Indien der Himalaja. Boah, Hammer. In Indonesien war es Komodo. Und in Neuseeland. Puh. Keine Ahnung. Das ganze Land ist eine Farbenexplosion.
M: Für mich ist es der Himalaja. Die erste Aussicht auf die höchsten Berge.
Wo fahrt ihr denn als Nächstes nach Buenos Aires hin?
M+C: Wir werden heute in den Norden Argentiniens per Landweg aufbrechen und uns dann mit dem Bus nach Bolivien durchschlagen.
Kommt ihr wieder zurück nach Deutschland? Und wenn ja, wann?
M: Ja. Ich rechne fest mit diesem Jahr.
C: Ja. Ich würde sagen: vor Weihnachten. Aber wer weiß, was noch passiert?
Dorothea Schulz
Juli 18, 2018 — 9:50 pm
Herzliche Grüße, ihr beiden! Wieder muss ich sagen: Euer Schreibstil ist sooo wunderbar. Habe laut gelacht. Südamerika sieht uns nächstes Jahr wieder, also bin ich nun gespannt, was ihr da schreibt.
Viele Grüße aus Bayern.
Conny
August 5, 2018 — 7:20 pm
Liebe Dorothea,
vielen Dank. Spannend wäre ja jetzt für uns, an welchen Stellen du lachen musstest. Na gut, das erzählst du uns dann in Deutschland mal. Anlässe zum Treffen wird es ja geben. 😉
Liebe Grüße aus Salta
Gabi und Frank
Juli 21, 2018 — 3:29 pm
Argentinischen Tango finde ich toll. Hat es geklappt. Könnt Ihr schon auftreten. Ich habe die Hoffnung auch noch nicht aufgegeben, dass wir demnächst mal wieder einen Tanzkurs belegen. Aber nicht argentinischen Tango sondern ganz allgemein lateinische und die üblichen klassischen Tänze. Ich bin gespannt wie Ihr eure Tausende von Fotos verarbeitet. Liebe Grüße, auch von Frank sendet Gabi. P. S. Wir haben dieses Jahr bisher einen Bombensommer (obwohl man das Wort Bombe eigentlich nicht mehr nutzen sollte :-()
Conny
August 5, 2018 — 7:23 pm
Hallo ihr Beiden,
den Tango werden wir hier in Lateinamerika erstmal nicht weiter verfolgen, denn ausserhalb von Buenos Aires wird er kaum getanzt. Und in den anderen Ländern sowieso nicht… Deswegen werden wir wohl erstmal auf Salsa umschwenken. Mal gucken wo und wie das klappt.
Wettertechnisch hattet ihr ja dieses Jahr in Deutschland einen langen ekligen Winter und jetzt einen sehr heissen, trockenen Sommer. Matthias hat schon vorgeschlagen, dass wir, wenn wir wiederkommen Oliven anpflanzen sollten wie in Italien. 🙂
Liebe Grüße nach Bärlin
HL
Juli 22, 2018 — 8:53 pm
Danke für den wunderbaren Einblick in eure ‚Befindlichkeiten‘ und Alltagsstrategien auf der großen Reise.
Nun warten wir aber schon ganz sehnsüchtig auf Bilder aus Buenos Aires!
Liebe Grüße
Hannelore
Conny
August 5, 2018 — 7:26 pm
Erledigt. 🙂
Liebe Grüße nach Leipzig und schönes Tatort gucken heute.
Anna-Lena&Alex
Juli 23, 2018 — 5:26 am
Hallo Ihr Lieben, endlich weiß ich wie es euch geht 😉 Eure Zeilen sind sehr eindrucksvoll! Weiterhin gute Reise und auf das M. spätestens zum Glühweintrinken (ist vegetarisch) mit seinen Jungs die Zeit verbringen kann. Liebe Grüße, A&A
Conny
August 5, 2018 — 7:25 pm
Hey ihr Beiden,
das wird bestimmt klappen mit dem vegetarischen Glühwein. Aber keine Sorge, hier in Argentinien gibt es soviel Fleisch, dass der Vegetarismus zum CO2 Sparen von Matthias pausiert wurde. 😉 So radikal isser dann doch nicht.
Liebe Grüße nach Bayern,