Conny und Matthias um die Welt

Die Schöne und der Plastikmüll

Unberührte Natur, das ist die Sehnsucht vieler Reisender. Ein paar Annehmlichkeiten wie ein Dach über dem Kopf, etwas Leckeres zu essen und vielleicht eine Tauchschule hätte man dann aber auch gern. Und damit widerspricht sich das Ganze sofort. Im Zeitalter von sozialen Medien und Reiseblogs kommen da, wo es schön ist, ziemlich schnell ganz viele Leute hin und dann beginnen die Probleme. Unser Ziel soll also weiter weg liegen, schwieriger zu erreichen sein.

Die Togian-Inseln sind ein solcher verheißungsvoller Ort. Es gibt dort keinen Flughafen und keinen Mobilfunkempfang. Den nächstgelegenen Flughafen auf der Insel Sulawesi erreicht man nur über mehrere, nicht aufeinander abgestimmte Zwischenlandungen, wenn denn keiner der Flüge abgesagt wird. Vom Flughafen bis zur Fähre verbringt man dann unzählige Stunden mit indonesischer Techno-Musik und waghalsigen Fahrmanövern. Nach zwei Tagen Anreise erreicht man endlich die Fähre. Auf dem wechselnd türkis- und marinblauen Wasser begegnen einem dann oft: Plastikflaschen. Auch nachdem der Hafen hinter uns liegt wird der Müll nicht weniger, sondern begleitet uns die gesamte mehrstündige Fahrt. Herzzerbrechend!

Es wird schnell klar, dass das kein angeschwemmter Müll vom Ozean ist, sondern lokal entsteht. Seit 2004 ist das Gebiet ein Nationalpark. Leider hat man es bis jetzt nicht geschafft, den Einheimischen und Anrainern klar zu machen, dass man sich ins eigene Fleisch schneidet. Immerhin gibt es angeblich kein Dynamitfischen mehr. Netze, die auch nicht mehr verwendet werden sollten, haben wir jedoch im Einsatz gesehen.

Um zu verstehen, warum sich an dieser Stelle nichts bewegt, muss man den Blick hinter die Kulissen werfen. Auf einer kurzen Wanderung durch eine der Inseln treffen wir durch Zufall Dr. Ating, der eine Organisation für den Erhalt der Flora und Fauna auf den Togian-Inseln ins Leben gerufen hat. Er erzählt uns von den Anfängen und der Hoffnung auf Zusammenarbeit mit den neu entstehenden Resorts, um gemeinsam für den Erhalt der Natur zu kämpfen. Leider hat sich für ihn diese Hoffnung zerschlagen. Er bekommt keinen Cent Unterstützung von scheinbar nur an Profit interessierten Resorts. Immerhin: an einer der Unterkünfte hängt Werbung für den Freiwilligendienst bei der Dr. Ating Foundation.

Die Angestellten in den Resorts verdienen nach Dr. Atings Aussage 700.000 Rupiah pro Monat. Das sind umgerechnet 42 Euro. Gleicht man das mit den Preisen der Resorts ab, sind alle Angestellten nach einem Tag Vollbelegung aller Bungalows für den Rest des Monats bezahlt. Es bleibt also so gut wie nichts vom Geld der Gäste bei den Einheimischen hängen, sie profitieren nicht vom Tourismus. Warum sollten sie also Extra-Aufwand für Müll aufwenden, damit die Touristen schön sauberes Wasser vorfinden? Und wenn ein paar Weiße auftauchen, die ihnen erklären wollen, dass der Müll dem maritimen Leben extremen Schaden zufügt, warum sollten sie denen glauben? Es gibt schließlich noch genug Fische, trotz dessen, dass sie den Müll schon immer ins Meer geworfen haben…

Viele Besucher eint der opportunistische Gedanke, dass man die Wunder der Natur, die unser Planet zu bieten hat, anschauen muss solange sie noch existieren. Gleichwohl sind wir sehr froh, dass wir die Chance haben hier sein zu können. Wir können morgens vorm Frühstück voller Überwältigung schnorcheln und Baby-Haie, Rochen, riesige Napoleonfische und viele andere Meeresbewohner direkt an unserem Strand besuchen, nachmittags die Kinder aus dem Fischerdorf in die Luft werfen, neugierige Delfine mit den Wellen springen sehen und am Abend im Sonnenuntergang einen Regenbogen über sanft spiegelndem Wasser den Atem rauben lassen. Und an Regentagen haben wir das Glück mit anderen sehr netten Reisenden die Zeit gesellschaftsspielend zu überbrücken.

Zweifellos bezaubern die Togian-Inseln wie viele andere Regionen in Südostasien mit ihrer exotischen Inselwelt, einsamen Stränden, traditionellen Dörfern mit freundlich lächelnden Bewohnern. Aber wie lange werden Besucher noch kommen und sagen, dass es schwerer ist abzureisen als anzureisen?

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