Conny und Matthias um die Welt

Der kurvenreiche Weg zum Hobbit

 

Alle paar Sekunden ändert sich die Richtung und wir werden wieder zur anderen Seite geworfen. Unser Bus schlängelt sich schon eine ganze Weile durch eng aufeinander folgende Kurven. Von hinten ruft jemand nach einer Plastiktüte. Langsamer werden wir nicht. Immer schön die Augen auf die Straße richten, um nicht das gleiche Schicksal zu erleiden wie der Passagier hinter uns. Bei so viel schöner Natur käme man gar nicht auf die Idee zu lesen oder aufs Handy zu schauen. Lieber bestaunt man die bewaldeten Berge, unterbrochen von saftig-grünen Reisfeldern und ein paar Dörfern an der Straße. Der Vulkan auf der rechten Seite steckt in Wolken. Wir kommen in dem Ort mit dem schönen Namen ‚Moni‘ an. Aufgebrochen sind wir in ‚Ende‘. Die Namen der Orte auf Flores erinnern uns vage an zu Hause. Langsam aber sicher verziehen sich die Wolken, nur der Vulkan ist noch umhüllt.

Jeder Reisende kennt die Prozedur. Man solle sich doch diesen oder jenen Punkt bei Sonnenaufgang anschauen. Das heißt super früh aufstehen, einen anstrengenden Weg auf sich nehmen, und dann ist das Wetter doch nicht so gut. Aber wir sind optimistisch. Statt sich mit dem Auto für ein gutes Sümmchen hochfahren zu lassen, beschließen wir als körperliches Training selber aktiv zu werden und den Vulkan mit Muskelkraft zu erklimmen. Das heißt: noch früher aufstehen. Also machen wir aus, dass ich um zwei Uhr aufstehe und mal schaue, ob ich die Sterne sehen kann. Und ja, sie sind zu sehen, keine Wolke am Himmel.

Der Weg war im Internet gut beschrieben, also gehen wir motiviert und mit viel Wasser ausgerüstet los. Aber wie das so ist, eine gute Wegbeschreibung macht noch keine erfolgreiche Wanderung. Gleich am Anfang müssen wir zwei Bäche überqueren. Es gibt hier ein paar wackelige Bambushölzer als Brücke. Ob die halten? Beim zweiten Bach kracht es dann, und je ein Fuß von Conny und von mir brechen nach unten durch ein morsches Stück Bambus. Zum Glück können wir uns halten, denn es wäre ein ganzes Stück nach unten gegangen. Auf dem Rückweg sehen wir dann, was wir falsch gemacht haben. Die bessere und neuere Bambusbrücke war ein paar Meter weiter oben! Im Dunkeln haben wir die einfach nicht gesehen. Nun ja, wieder ein Katzenleben weg.

Rechtzeitig vor Sonnenaufgang sind wir auf dem Aussichtspunkt und mischen uns unter die bequemeren Touristen, die sicher nicht verstehen können, warum wir so durchgeschwitzt und ausgelaugt sind. Ist doch nur eine halbe Stunde vom Parkplatz. Wir aber sind glücklich, dass wir den fantastischen Blick auf die drei türkisfarbenen bis dunkelgrünen Kraterseen aus eigener Kraft erreicht haben.

Auf der nächsten Etappe im Bus sitzt hinten eine Mutter mit zwei kleinen Kindern. Schon beim Einsteigen denken wir, oh je, das kann ja was werden. Und so kommt es, wie es kommen musste, die Plastiktüte wird wieder gebraucht. Und erneut ist Anhalten keine Option. Im Gegenteil, die Kurven lassen sich auch noch schneller durchfahren.

Angekommen im nächsten Ort leihen wir uns einen Motorroller und fahren zur Höhle „Liang Bua“. Dort wurden vor 15 Jahren Skelettreste einer kleinen, behaarten Menschenrasse gefunden. Der sogenannte Homo floresiensis, auch Hobbit genannt, war nicht nur sehr kurz, sondern hatte auch ein ziemlich kleines Gehirn. Trotzdem konnte er mit Werkzeugen umgehen und Tiere jagen, stellten die Wissenschaftler verblüfft fest. Vielleicht kommt es weniger auf die Größe an als man denkt.

Die Höhle an sich ist nicht spektakulär, aber man kann den Archäologen bei der mühsamen Arbeit zuschauen. Im Museum sehen wir eine bildliche Darstellung der Menschenart und lernen, dass auf Flores vor den letzten Eiszeiten noch andere verrückte Tiere gelebt haben, wie zum Beispiel eine Riesenratte und ein Minielefant. Knochen von diesen Tieren wurden in der gleichen Tiefe zusammen mit Homo floresiensis gefunden, also vermutet man, dass diese Tiere auf ihrem Speiseplan standen. Die einzigen Tiere, die aus früherer Zeit noch heute zu sehen sind, sind die großen Komodo-Warane. Aber dazu später mehr.

Wir durchqueren die Insel Flores weiter im Bus ohne flauen Magen und sind angetan davon, dass es hier keine riesigen Palmölplantagen gibt, auch keine riesigen stickigen Städte, sondern spannende Natur und Kultur. Am Ende der Route sind wir wieder am Meer und gönnen uns eine richtig gute italienische Pizza. Mit echtem Parmesan! Wir sind voller Vorfreude auf die kommenden Tage, denn nun fahren wir an einen Ort, der schon sehr lange auf unserem Wunschzettel steht: Komodo.

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