Conny und Matthias um die Welt

Stopover Erste Welt

Der Mensch ist bekanntermaßen ein Gewohnheitstier. Immer wenn wir in ein neues Land reisen, müssen wir uns erst mal an die neue Umgebung, an die Menschen und und an das Klima gewöhnen. Aber nach einer Weile taucht man in das Land ein, saugt es gewissermaßen auf und verinnerlicht die Lebensweise. Der Übergang in ein neues Land ist manchmal sanft, manchmal eher wie beamen auf einen anderen Planeten. Bisher hatten wir eher letzteres und unser nächster Zwischenstopp zählt ohne Frage dazu. Kuala Lumpur!

Schon auf dem Flughafen fängt der Schock an. Hier ist alles blitzblank, eine Mall begrüßt uns direkt nach der Gepäckausgabe. Ein Schnellzug bringt einen vom Flughafen in Windeseile in die Mitte des Geschehens. Auf dem Weg weit und breit kein Müll zu sehen, saubere Luft, alles irgendwie wie geputzt. Angekommen landet man wieder in einer fetten Mall mit lauter Elektro-Musik, die Einheimischen sind sehr westlich gekleidet, auch Hot-Pants und Spaghetti-Träger sind auf einmal wieder tragfähig. Dazwischen ein paar Kopftücher, ach ja es ist ja ein muslimisches Land. Jetzt muss man sich erst mal mit dem komplexen Metro-System vertraut machen. Irgendwie war das mit den Tuk-Tuks einfacher.

Wir treffen in der Nähe des Bahnhofs eine alte Freundin. Hieda war zusammen mit Ihrem Freund vor zwei Jahren Couchsurferin bei mir in Dresden. Eigentlich wollten wir bei ihrem Freund übernachten. Traurigerweise aber ist seine Mutter kürzlich gestorben, also suchen wir uns lieber eine andere Unterkunft, um keine zusätzlich Belastung zu sein.

Unsere Herberge bereitet uns den nächsten Schock. Das Airbnb befindet sich in einem nagelneuen, steril und uniform wirkenden Apartment-Hochhaus südlich des Zentrums. Im 23. Stock von 35. Die Schlüsselübergabe erfolgt automatisch per Schließfach. Am Fahrstuhl sehen wir, dass es ein Fitnessstudio, Basketballplatz, eine Sky-Bar mit BBQ und einen Infinity-Pool gibt. Nichts wie hin ins Stockwerk 7A.

Unser Zimmer ist quasi ein WG-Zimmer. Die beiden Besitzerinnen sind etwa Ende 20 und betreiben ein Start-Up-Unternehmen. Ein weiterer Mitbewohner aus der Ukraine ist in Kuala Lumpur irgendwie gestrandet und handelt mit Kryptowährungen für den Lebensunterhalt. Geht es noch moderner?

Mit der Metro fahren wir ins Zentrum und schauen uns die Petronas-Türme an. Für 1,6 Millionen Einwohner gibt es ganz schön viele Hochhäuser hier. Und dann versteht man auch warum es so viele Malls gibt. Es ist drückend schwül. Allzu lange hält man es hier draußen nicht aus. Also wieder rein, vorbei an den ganzen Gucci- und Rolex-Läden, denn im Foodcourt gibt es ein leckeres Eis für uns.

Am nächsten Abend treffen wir wieder unsere Couchsurfing-Freunde auf ein Abendessen. Nicht irgendwo, sondern im Ausgehviertel. Hier schallt laute westliche Musik aus Bars und Kneipen, die Tische voll mit Bier und Cocktails. Das alles wirkt seltsam fremd auf uns. Über zwei Monate haben wir so etwas nicht gesehen und gehört.

Tagsüber sind wir müde und wenig motiviert fürs Sightseeing. Wir machen quasi Urlaub vom Reisen. Ich tue mich jedoch schwer damit. Zwar brauche auch ich eine Pause, aber das Nichtstun fällt mir schwer. Ich muss etwas machen. Zum Glück haben unsere Gastgeber noch etwas Zeit für uns. Hieda fährt uns mit Ihrem Auto aus der Stadt heraus und zeigt uns einen lokalen Markt und auf dem Rückweg ein Refugium für Elefanten. Die Institution siedelt auch Elefanten in Nationalparks um, wenn die Menschen zu nah an Ihren eigentlich Lebensraum heranrücken, Stichwort Palmölplantage. Man kann die Elefanten beim Baden beobachten und sie auch füttern. Ein wirklich schöner, harmonischer Ort und das ohne Eintrittsgeld.

Wir nutzen die Zeit in Kuala Lumpur auch für ein paar Erledigungen. Friseur, Nagelschere kaufen, Brief ausdrucken, unterschreiben und einscannen, ein paar Sachen nach Hause schicken und ein paar Sommerklamotten kaufen. H&M gibt es hier natürlich auch. Nur aluminiumfreies Deo finden wir nicht. Deo mit Aufhellungsfunktion gibt es dagegen in Hülle und Fülle. Stimmt, wir sind ja in Asien.

Zum Abschluss besuchen wir noch den Vogel-Park in der auch sonst grünen Stadt Kuala Lumpur. Hier ist man mitten drin statt nur dabei. Der Besucher darf in die riesigen Volieren hinein und kann den Vögeln sehr nah sein. Zumindest bei den Arten, wo das vertretbar ist.

Uns gefällt es gut in Kuala Lumpur. Einzig die unzähligen Tempel des Konsums erinnern uns an die Schattenseiten der Ersten Welt. Ein bisschen freuen wir uns daher auf das nächste Ziel und die Rückkehr in einfachere Verhältnisse.

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