Conny und Matthias um die Welt

Gesichter Indiens

„Unglaubliches Indien“. Das ist der Werbeslogan des indischen Ministeriums für Tourismus. Und inzwischen glaube ich, das ist der beste Spruch, den sie sich aussuchen konnten.

Indien hat alles. Und wir haben viel davon zu Gesicht bekommen. Von Kamelen in der Wüste, zu Straßenhunden, -ziegen, -hühnern, -katzen, – ratten und -affen bis zu wilden Yaks. Von peinlichster Sauberkeit, wo Sand gefegt wird, bis zu verschiedensten Konsistenzen von Kuhdünnpfiff auf der Treppe, klarste Himalaja-Bergluft bis zum deutlich verspäteten Sonnenaufgang in Varanasi, weil die Sonne sich nicht durch den Smog durchsetzen kann. Wir haben Geschmacksexplosionen erlebt vom indischen Curry bis zum nepalischen Momo. Es gab hier nur Essen, was geschmeckt hat. Unglaubliches Indien.

Indien kann stinken nach Abgasen und Urin, nach Mäusekot, aber auch nach Duftkerzen und Räucherstäbchen. Indien hat viel Armut, viele Krankheiten wie Tuberkulose und multiresistente Erreger. Indien hat westliche Highendklos bis hin zum Plumpsklo und Kombinationen aus beiden. Beide sind wir in Indien krank gewesen, Matthias hatte es mit Fieber und Magen, mich mit Nasennebenhöhlenentzündung und dann mit Magen weggefegt. Man kann sich so viel die Hände desinfizieren wie man möchte, irgendwann legt es jeden flach. Es gibt oft Stromausfall, aber auch Generatoren für die, die es sich leisten können. Indien hat Plastikfolien als Behausung am Straßenrand für die Ärmsten einerseits, Luxushotels und bombastische Tempel, Klöster und das Taj Mahal andererseits. Unglaubliches Indien.

Indien ist knallbunt und farbenfroh. Ob Saris oder Tempel, Blumen oder Märkte. Grau, dunkelblau und schwarz wie in Deutschland sieht man hier selten. Man kann so viel sehen in diesem Land. Von Kultur über Natur über Menschen und Tiere. Vom Buddhismus über Hinduismus, Christentum, Islam, Sikh, Jainas und noch viel mehr Religionen kann hier jeder beten zu wem er möchte. Wir sind mit indischen Zügen und Bussen gefahren, Tuktuk, Fahrrad, Flugzeug und Uber haben wir auch benutzt. Keines der Transportmittel hat uns enttäuscht, alle haben uns auf ihre Weise gut gedient. Hier haben wir Massagen ausprobiert, auch Ayurvedamassage und Yoga, und wer möchte kann sich in Indien selbst suchen und finden.

In den meisten Regionen ist Indien ein Patriarchat. Und es gibt, zwar wenige, aber es gibt Dörfer, in denen werden immer noch weibliche Babys getötet, und Menschenhandel passiert. Auch häusliche Gewalt ist in Indien ein eher alltägliches Problem. Auf der anderen Seite wählte Indien für 16 Jahre eine Frau als Premierministerin. Unglaubliches Indien.

Zweimal habe ich kurz Angst gehabt, einmal als eine dicke Kuh in einer engen Gasse uns entgegenkam und stehenblieb, sich nicht vor und auch nicht zurückbewegen wollte. Das andere Mal als ein frecher Affe auf den Frühstückstisch greifen wollte und wir ihn verjagt haben. Und der Affe als Gegenreaktion Ziegelsteine von der Mauer gegriffen hat und anfing sie zu werfen. Ich habe mich sonst nicht unsicher gefühlt, im Gegenteil: die Menschen waren abseits der Touristenströme herzlich und sehr freundlich und hilfsbereit.

Indien, wir mögen dich sehr, auch wenn du anstrengend bist wie kein anderes Land, was wir kennen. Und nun lassen wir die Bilder und die Inder selbst sprechen.

„Indien? Ich mag die Vielfalt am meisten. Und ich bin stolz Teil eines demokratischen Landes zu sein. Die größte Demokratie der Welt.“ Mann im Zug nach Bikaner

„Indien ist ein sehr freies Land. Jeder kann gehen wohin er will. Sogar die Tiere.“ Ehefrau unseres Gastgebers in Udaipur

„Ich mag den Frieden und die Harmonie. Ich denke jeder wünscht sich das.“ Budda aus Yuksom

„In Indien musst du stark und intelligent sein. Ansonsten ist das Überleben sehr schwer.“ Atul aus Varanasi

„In 4 oder 5 Jahren wirst du sehen, dass Indien ein Global-Player sein wird. Wir brauchen noch ein bisschen Zeit, aber dann werden wir die Anerkennung bekommen.“ Mann an der Seilbahn in Udaipur.

Wir verabschieden uns aus Indien mit einem Lied, das uns an die vielen Fahrten eingequetscht im Jeep durch den Himalaja erinnert.

 

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