Conny und Matthias um die Welt

Ieeeh, mach die Ratte weg !!!

 

M: Ich kann nicht schlafen.

C: Ich auch nicht. Meine Füße hängen viel zu weit aus dem Bett raus. Wieso du nicht?

M: Mich zerstechen die Moskitos.

C: Dann mach doch wieder den Ventilator an.

M: Naja, aber der pustet auf maximal, lässt sich nicht runterregulieren und ist tierisch laut. Da holen wir uns doch ’ne Erkältung.

C: Ich fänds gut mit Ventilator, dann riechen wir auch den Müll von draußen nicht. So kann ich nicht gut schlafen.

M: Ok, ich mach ihn wieder an, aber dann schlaf ich im Schlafsack.

C: Danke. Guts nächtle.

 

Indien ist anders. Indien haut uns die ersten Tage um. Indien ist laut, sehr laut. Mit sehr vielen Menschen. Da ich schon mal in Indien war, hatte ich mit Absicht für eine Unterkunft mit Dachterrasse gestimmt, um dem Trubel entfliehen zu können. Darüber bin ich jetzt froh. In Jodhpur haben wir einen wunderschönen Blick über die „Blaue Stadt“ und zur Festung. Mein Fotoherz hüpft vor Freude. Wir bringen ein Gastgeschenk aus dem Iran mit, aber leider wird sich in den nächsten Tagen zeigen, dass diese Familie wenig herzlich ist, der Gastgeber am ehesten ein Alkoholproblem hat und sehr unzuverlässig ist. Die Hitze macht uns zusätzlich zu schaffen. 33 °C im Schatten, an manchen Tagen auch bis 36 °C. Es dauert einige Tage bis sich unsere Körper daran gewöhnt und wir den Rhythmus adaptiert haben: früh Aufstehen, mittags Hinlegen, abends wieder Aufstehen. Wir schlendern durch die Straßen Jodhpurs, machen Fotos der blauen Wohnhäuser. Oh, diese Stadt ist so fotogen. Ich könnte so viele Fotos von den roten Saris der Frauen mit dem blauen Hintergrund schießen… Und da hören wir auch die ersten Rufe „Welcome to India“ und werden auf ein Gespräch, natürlich sitzend auf der Türschwelle, und auch indischen Chai eingeladen. Da sind sie, die herzlichen Inder. Es brauchte den zweiten Blick. Wir schauen uns die Festung und den Palast an, nehmen Rikschas und handeln die Preise runter. „Very intelligent, misses.“ „Not intelligent, just bargaining.“ Gelernt ist gelernt.

Ganz im Gegensatz zum Iran finden wir hier seltenst oder nie einen Mülleimer in der Stadt. Abfall wird auf die Straße geworfen, aus dem Fenster, aus dem Hauseingang, auf der Straße in einen Haufen gefegt, das eigene Haus mit Wasser abgestrahlt und der Dreck nach unten gespült. Wer hier barfuß läuft, holt sich auf alle Fälle was. Der Müll wird von den Ärmsten der Armen durchsucht und sortiert. Straßenhunde und Kühe teilen sich die Essensreste. Eine kleine Maus haben wir bisher gesehen. Mich wundert‘ s schon, dass keine Ratten und Kakerlaken zu sehen sind. Noch nicht. Denn in der nächsten Stadt klappt’s dann.

Nein, nicht im Hotel. Da haben wir uns verbessert. Ein Ventilator mit verschiedenen Stufen, ein Moskitoschutz an der Tür, ein zwei Meter langes Bett, eine warme Dusche und eine nette Hausherrin namens Anita. Wir sind in einer neuen Stadt namens Bikaner, sechs Zugstunden von Jodhpur nach Norden entfernt. Morgens wachen wir auf mit Vogelgezwitscher, die Spatzen fliegen zum Frühstück um den Tisch und durch das Haus. Mit knatternder Motorikscha geht es danach in den Nachbarort. Hindus lieben ihre heiligen Kühe, das weiss jeder. Und Ratten sind auch heilig, zumindest für die Inder, die von einer Heiligen Frau namens Karni Mata abstammen. Karni Mata hatte ihren ertrunkenen Sohn wieder auferstehen lassen. Als Gegenleistung hatte der Gott des Todes verlangt, dass all ihre Nachfahren als Ratte wiedergeboren werden. Sie muss ihren Sohn sehr geliebt haben… Tja und jetzt werden die heiligen Ratten gehegt und gepflegt. Das gespendete Essen wird teilweise, wenn es die Ratten angefressen haben, vom gläubigen Inder ganz aufgegessen. Doppel-Brrrr. Und wer eine weiße Ratte sieht, dem wird Glück zugesprochen.

Die Inder laufen barfuß durch den Tempel, wir als Ausländer dürfen Stoffschuhe anziehen. Überall Mäusekot und so riecht es auch. Nochmal Brrr. Und vor dem Platz werden die Tauben gefüttert, die fliegenden Straßenköter. Wir wagen uns in den (Achtung) pinken Tempel rein. Überall flitzen die kleinen Viecher, streiten sich, schlafen, fressen und kacken. Und es passiert, was passieren musste. Eine besonders neugierige Ratte klettert an mir hoch und sitzt plötzlich auf meiner Kameratasche. Jetzt piepse ich. Nicht panisch, aber so eine indische Ratte will ich nicht auf mir drauf haben. Ieeehh, mach das weg. Die Inder lachen sich schlapp, ich muss auch lachen. Matthias schubst die Ratte einen Meter in die Tiefe. Gebrochen hat sich die kleine Ratte nix, sie flitzt davon zu einem gespendeten Stück Kokosnuss.

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