Conny und Matthias um die Welt

Kulturschock in Pink

Früher glaubte man, Züge seien zu schnell für die Seele, denn sie kann bei dem Tempo nicht hinterherkommen. Heutzutage fliegt man von einer Klimazone in die andere. Gestern noch frieren wir auf dem Skilift, heute schwitzen wir bei 33 Grad im Schatten. Was für ein Stress ist das für die Seele?

Wenn man nach einem schönen Urlaub nach Hause kommt, hat man oft ein fades Gefühl. Man muss wieder arbeiten, in den Alltag zurück. Post-Travel-Depression nennt man das. Wie ist das, wenn man wie wir länger verreist und abrupt in das nächste Land wechselt? Bekommt man das dann auch?

Genau einen Tag haben wir Zeit uns an die neuen Umstände anzupassen. Die Hitze in Jodhpur, der sogenannten blauen Stadt im indischen Bundesstaat Rajasthan, ist schon auszuhalten, weil sehr trocken. Nur darf ich als Mann wieder keine kurzen Hosen anziehen. Ein paar Touristen sind aber doch mit welchen zu sehen, ich traue mich aber noch nicht. Ankunft 28. Februar, am 1. und 2. März steht dann schon das alljährliche Holi-Festival an. Die Menschen sind hier ganz anders, zu Anfang vermissen wir die Herzlichkeit der Iraner. Post-Travel-Depression! Ein Abendessen in einem besseren indischen Restaurant und das erste echte Bier seit vier Wochen heben unsere Laune deutlich an.

Am nächsten Morgen sind wir auch mit den Menschen versöhnt. Große strahlende Kinderaugen lassen unsere Seele im Eiltempo nachkommen, als wäre sie an einem Gummiband gespannt.

Es kann also los gehen mit dem Holi-Festival. Das bunte Farbspektakel, bei dem man sich mit Farbpulver bewirft und beschmiert, beginnt am Vorabend mit festlichen Feuern, die den Frühling einläuten. Im Feuer sollen die Dämonen verbrannt und der Sieg des Guten über das Böse zum Ausdruck gebracht werden. Wir sind bei unserer Gastfamilie eingeladen und besuchen zunächst die Familie des Bruders. Dort gibt es die erste Kostprobe vom Festessen: Süßigkeiten und scharf gewürzten Reis. Dann geht es zum Feuer und schließlich Essen bei uns im Haus. Hier gibt es ebenfalls Gemüsereis und vegetarische Soßen mit Kichererbsen. Sehr lecker, wir können keinen Bissen mehr essen.

Am Morgen heißt es früh aufstehen und alte Klamotten anziehen. In unserem knapp ausgestatteten Repertoire an Sachen ist das schwierig. Wir haben uns beide noch billige Hosen gekauft, die wir einsauen können. Nach nur ein paar Metern geht es los. Die erste Ladung Grün und Rot wird uns an die Wangen gestrichen. Schnell stellen wir fest, dass es nicht bei Pulver bleibt. Einige Familien haben mit (Farb-) Wasserbomben aufgerüstet und Wassergewehre gibt es sowieso. Hier muss gehandelt werden, wir gehen zum Wettrüsten über und beschaffen uns pinkes Pulver.

Zwischendurch mischen wir uns in Gruppen knallbunter junger Menschen und tanzen mit bei überlauter indischer Popmusik. Immer wieder kommen Inder auf ihrem Moped oder zu Fuß und rufen „Happy Holi“ und reiben mehr Farbe auf unsere Haare und ins Gesicht. Am Ende kriegen wir noch mal die volle Ladung Wasserbomben ab. Die Farben sind in allen Ritzen des Körpers angekommen. Dabei so friedlich und fröhlich.

Während draußen noch Musik in der ganzen Stadt erschallt, färbt sich unsere Dusche in allen Farben. Fast alles geht ab, nur eine Farbe will nicht so recht aus dem Gesicht weichen. Pink!

 

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